Und das alles für Entgeltgruppe 7?

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von Dr. Andrea Jochmann-Döll und Dr. Karin Tondorf

Zwei Kolleginnen aus einer Pflegeeinrichtung unterhalten sich nach Schichtende auf dem Weg zum Bus über ihre Arbeit. Es geht - wie so oft - um die Arbeit und um das geringe Geld, das dafür gezahlt wird.

Birgit: Puuh, war das wieder ein Tag! Ich bin richtig platt! Und das alles für diesen miesen Lohn! Kaum zu glauben: Das alles für Entgeltgruppe 7!

Carola: Sei mal ganz schön still! Neulich habe ich mit Peter gesprochen. Der arbeitet als Haushandwerker im Krankenhaus. Und der sagt, er bekommt auch nicht mehr als wir. Und der hat als Elektriker eine dreijährige Ausbildung, genau wie wir.

Birgit: Ja, aber kann man das mit unserer Arbeit als Altenpflegefachkräfte vergleichen? Denk nur mal an die ganzen Schulungen, die wir ständig besuchen! Schließlich sind wir für unsere Bewohner und Bewohnerinnen verantwortlich, nicht nur für deren Gesundheit, auch für ihre Sicherheit. Da darf nichts schiefgehen. Man muss ganz schön aufpassen, dass alles gut läuft.

Carola: Das hast du eigentlich recht. Und was noch dazukommt: Wir müssen auf die Einzelnen eingehen, ihre Probleme und Ängste verstehen. Sie beruhigen und ermutigen. Damit meine ich nicht nur die Gespräche mit den Bewohnern und Bewohnerinnen. Auch die Angehörigen sind manchmal eine gehörige Herausforderung! Aber das macht doch unsere Arbeit aus!

Birgit: Ja, und in einer Hinsicht hat es ein Elektriker auch leichter: Der muss keine Windeln wechseln oder schmutzige Wäsche sortieren. Aber ich bin sicher: nicht jeder könnte das. Was da alles von uns gefordert wird, ist berufliche Kompetenz.

Carola: Und ich muss dir eins sagen: Es belastet mich ganz schön, wenn wieder einmal jemand mit dem Rettungswagen geholt werden muss oder ganz plötzlich stirbt. Auch damit müssen wir professionell umgehen können.

Birgit: Und wird das alles wertgeschätzt und fair bezahlt? Ich finde nicht. Im Tarifvertrag habe ich unsere Anforderungen noch nicht entdeckt! Nur in der Stellenausschreibung steht offen, was wirklich gefordert wird: Empathie, Kommunikationskompetenz und psychische Belastungen. Das muss auch bezahlt werden!

Carola: Und von den körperlichen Belastungen bei unserer Arbeit spricht überhaupt keiner. Aber bei Männertätigkeiten, zum Beispiel auf dem Bau oder im Lager, wird schweres Heben und Tragen anerkannt. Dabei ist unsere Arbeit selbst mit den ganzen Hilfsmitteln ein richtiger "Knochenjob". Nur honoriert wird das nicht.

Birgit: Weißt du was? All diese Argumente schreiben wir mal auf und machen daraus ei-nen Artikel für den nächsten Equal Pay Day. Den hängen wir ans Schwarze Brett und laden zu einer Diskussionsveranstaltung ein. Gemeinsam mit anderen können wir an unserer schlechten Bezahlung sicher etwas ändern!

Informationen zu den Autorinnen

Dr. Andrea Jochmann-Döll ist Wirtschaftswissenschaftlerin und arbeitet als freie Wissenschaftlerin und Beraterin mit dem Schwerpunkt Gleichstellungspolitik und diskriminierungsfreie Gestaltung von Entgeltsystemen. Sie ist Mit-Entwicklerin des Instrumentariums [eg-check.de] zur Prüfung von Entgeltgleichheit und hat verschiedene Studien zu Diskriminierungspotentialen bei der Vergütung von Frauen und Männern sowie zu ihrer Vermeidung durchgeführt.

Webseite GEFA Forschung

Dr. Karin Tondorf ist Diplom-Soziologin und arbeitet als freie Wissenschaftlerin und Beraterin mit dem Schwerpunkt Entgelt- und Gleichstellungspolitik. Sie ist Mit-Entwicklerin des Instrumentariums eg-check.de zur Prüfung von Entgeltgleichheit und hat zahlreiche Publikationen zum Thema Entlohnung veröffentlicht.

Webseite Dr. Karin Tondorf


Siehe auch Schwerpunktthema 2016: Berufe mit Zukunft