Unbereinigter Gender Pay Gap: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
==Unbereinigter Gender Pay Gap== | ==Unbereinigter Gender Pay Gap== | ||
− | Der Gender Pay Gap (GPG) beschreibt die geschlechtsspezifische Lohnlücke: den prozentualen Unterschied im durchschnittlichen | + | Der Gender Pay Gap (GPG) beschreibt die geschlechtsspezifische Lohnlücke: den prozentualen Unterschied im durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen (bezogen auf den durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern). Die vom Statistischen Bundesamt auf der Basis von 1,9 Millionen sozialversicherten Beschäftigten aus allen Branchen und Berufen errechneten Bruttostundenlöhne der Frauen betrugen im Jahr 2016 16,26 Euro, während Männer auf 20,71 Euro kamen. Der Unterschied von 21 % ist im Vergleich zu den Vorjahren kaum verändert. Bei den 21 % handelt es sich um den „unbereinigten“ Gender Pay Gap. |
− | Bruttostundenlöhne der Frauen betrugen im Jahr | + | |
− | + | ||
− | Den Gender Pay Gap von | + | Den Gender Pay Gap von 21 % berechnet das Statistische Bundesamt. Es geht nicht darum, nur einzelne Branchen oder Positionen, sondern den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu vergleichen. Die unbereinigte GPG kann als Kernindikator fortbestehender gesellschaftlicher Ungleichbehandlungen von Frauen im Erwerbsleben dienen. In dieser einen Messgröße verdichten sich (fast) alle Facetten der Probleme, mit denen Frauen im Erwerbsleben weiter konfrontiert werden. So wird auch der Teil des GPG erfasst, der z.B. durch schlechtere Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder Karrierestufen, die möglicherweise ebenfalls das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind. Für den spezifischen Fokus mancher Studien kann die Berechnung des IW die geeignetere sein, für die Kampagne zum EPD liegt deren Begrenzung in der sehr viel kleineren Datenbasis. Da sich das Statistische Bundesamt zudem an die Vorgaben von Eurostat hält, ist eine höhere internationale Vergleichbarkeit möglich. Beide Berechnungen können sich daher nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. |
− | den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu vergleichen. Die unbereinigte GPG kann als Kernindikator | + | |
− | fortbestehender gesellschaftlicher Ungleichbehandlungen von Frauen im Erwerbsleben dienen. In dieser einen Messgröße verdichten sich | + | |
− | (fast) alle Facetten der Probleme, mit denen Frauen im Erwerbsleben weiter konfrontiert werden. So wird auch der Teil des GPG erfasst, | + | |
− | der z.B. durch schlechtere Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder Karrierestufen, die möglicherweise ebenfalls | + | |
− | das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind. Für den spezifischen Fokus mancher Studien kann die Berechnung des IW die geeignetere sein, für die Kampagne zum EPD liegt deren Begrenzung in der sehr viel kleineren Datenbasis. Da sich das Statistische Bundesamt zudem an die Vorgaben von Eurostat hält, ist eine höhere internationale Vergleichbarkeit möglich. Beide Berechnungen können sich daher nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. | + | |
==Berechnung des Equal Pay Day== | ==Berechnung des Equal Pay Day== | ||
− | Der Equal Pay Day markiert symbolisch den geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied, der laut Statistischem Bundesamt aktuell 21 | + | Der Equal Pay Day markiert symbolisch den geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied, der laut Statistischem Bundesamt aktuell 21 Prozent in Deutschland beträgt. Umgerechnet ergeben sich daraus 77 Tage, die Frauen zum Jahresanfang umsonst arbeiten müssen: 21 Prozent von 365 Tagen = 77 Tage. Der nächste Equal Pay Day findet am 18. März 2018 statt. |
− | Prozent in Deutschland beträgt. Umgerechnet ergeben sich daraus | + | |
− | Prozent von 365 Tagen = | + | |
Angenommen Männer und Frauen bekommen den gleichen Stundenlohn: Dann steht der Equal Pay Day für den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1.1. für ihre Arbeit bezahlt werden. | Angenommen Männer und Frauen bekommen den gleichen Stundenlohn: Dann steht der Equal Pay Day für den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1.1. für ihre Arbeit bezahlt werden. | ||
==Gründe für den Gender Pay Gap== | ==Gründe für den Gender Pay Gap== | ||
− | Der GPG ist auf vielfältige und sich gegenseitig bedingende Ursachen zurückzuführen. Frauen und Männer unterscheiden sich in ihren | + | Der GPG ist auf vielfältige und sich gegenseitig bedingende Ursachen zurückzuführen. Frauen und Männer unterscheiden sich in ihren Erwerbsbiografien und der Wahl von Berufsfeldern. Dies führt häufig zu unterschiedlichen Karriereverläufen und Verdienstunterschieden. |
− | Erwerbsbiografien und der Wahl von Berufsfeldern. Dies führt häufig zu unterschiedlichen Karriereverläufen und Verdienstunterschieden. | + | |
Im Wesentlichen sind es drei Ursachenkomplexe, die sich in vielen Studien als besonders prägend herausstellen. | Im Wesentlichen sind es drei Ursachenkomplexe, die sich in vielen Studien als besonders prägend herausstellen. | ||
Zeile 28: | Zeile 18: | ||
2. Frauen unterbrechen oder reduzieren ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger familienbedingt als Männer. | 2. Frauen unterbrechen oder reduzieren ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger familienbedingt als Männer. | ||
− | 3. | + | 3. Frauentypische Berufe sind weiterhin unterbewertet. |
− | + | ||
− | Gleichzeitig ist die Lohnlücke selbst ein (Fehl-)Anreiz für das Erwerbsverhalten von Frauen. Schlechtere Einkommensaussichten führen | + | Gleichzeitig ist die Lohnlücke selbst ein (Fehl-)Anreiz für das Erwerbsverhalten von Frauen. Schlechtere Einkommensaussichten führen zu niedriger Erwerbsneigung, längere Erwerbsunterbrechungen führen zu mehr Entgeltungleichheit – ein Teufelskreis. |
− | zu niedriger Erwerbsneigung, längere Erwerbsunterbrechungen führen zu mehr Entgeltungleichheit – ein Teufelskreis. | + | |
==Unterschiede innerhalb Deutschlands== | ==Unterschiede innerhalb Deutschlands== | ||
− | Der Gender Pay Gap beträgt in den neuen Bundesländern 9 %, in Westdeutschland inkl. Berlin 23 %. In den einzelnen Bundesländern | + | Der Gender Pay Gap beträgt in den neuen Bundesländern 9 %, in Westdeutschland inkl. Berlin 23 %. In den einzelnen Bundesländern schwankt der Verdienstunterschied zwischen 4 % in Mecklenburg-Vorpommern und 27 % in Baden-Württemberg. Insgesamt sind die Unterschiede des Gender Pay Gaps über die letzten Jahre hinweg stabil. |
− | schwankt der Verdienstunterschied zwischen 4 % in Mecklenburg-Vorpommern und 27 % in Baden-Württemberg. Insgesamt sind die | + | |
− | Unterschiede des Gender Pay Gaps über die letzten Jahre hinweg stabil. | + | |
==Quellen== | ==Quellen== | ||
− | [https://www.destatis.de/DE/ | + | [https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VerdiensteArbeitskosten/VerdiensteVerdienstunterschiede/VerdiensteVerdienstunterschiede.html Destatis: Verdienste und Verdienstunterschiede] |
− | + | ||
− | + | ||
[https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VerdiensteArbeitskosten/VerdiensteVerdienstunterschiede/Tabellen/Verdienstabstand.html Destatis: Gender Pay Gap Deutschland] | [https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VerdiensteArbeitskosten/VerdiensteVerdienstunterschiede/Tabellen/Verdienstabstand.html Destatis: Gender Pay Gap Deutschland] | ||
− | |||
− | |||
[http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/entgeltungleichheit-dossier,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf BMFSFJ: Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern in Deutschland] | [http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/entgeltungleichheit-dossier,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf BMFSFJ: Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern in Deutschland] |
Version vom 3. April 2017, 12:29 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Unbereinigter Gender Pay Gap
Der Gender Pay Gap (GPG) beschreibt die geschlechtsspezifische Lohnlücke: den prozentualen Unterschied im durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen (bezogen auf den durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern). Die vom Statistischen Bundesamt auf der Basis von 1,9 Millionen sozialversicherten Beschäftigten aus allen Branchen und Berufen errechneten Bruttostundenlöhne der Frauen betrugen im Jahr 2016 16,26 Euro, während Männer auf 20,71 Euro kamen. Der Unterschied von 21 % ist im Vergleich zu den Vorjahren kaum verändert. Bei den 21 % handelt es sich um den „unbereinigten“ Gender Pay Gap.
Den Gender Pay Gap von 21 % berechnet das Statistische Bundesamt. Es geht nicht darum, nur einzelne Branchen oder Positionen, sondern den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu vergleichen. Die unbereinigte GPG kann als Kernindikator fortbestehender gesellschaftlicher Ungleichbehandlungen von Frauen im Erwerbsleben dienen. In dieser einen Messgröße verdichten sich (fast) alle Facetten der Probleme, mit denen Frauen im Erwerbsleben weiter konfrontiert werden. So wird auch der Teil des GPG erfasst, der z.B. durch schlechtere Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder Karrierestufen, die möglicherweise ebenfalls das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind. Für den spezifischen Fokus mancher Studien kann die Berechnung des IW die geeignetere sein, für die Kampagne zum EPD liegt deren Begrenzung in der sehr viel kleineren Datenbasis. Da sich das Statistische Bundesamt zudem an die Vorgaben von Eurostat hält, ist eine höhere internationale Vergleichbarkeit möglich. Beide Berechnungen können sich daher nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.
Berechnung des Equal Pay Day
Der Equal Pay Day markiert symbolisch den geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied, der laut Statistischem Bundesamt aktuell 21 Prozent in Deutschland beträgt. Umgerechnet ergeben sich daraus 77 Tage, die Frauen zum Jahresanfang umsonst arbeiten müssen: 21 Prozent von 365 Tagen = 77 Tage. Der nächste Equal Pay Day findet am 18. März 2018 statt.
Angenommen Männer und Frauen bekommen den gleichen Stundenlohn: Dann steht der Equal Pay Day für den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1.1. für ihre Arbeit bezahlt werden.
Gründe für den Gender Pay Gap
Der GPG ist auf vielfältige und sich gegenseitig bedingende Ursachen zurückzuführen. Frauen und Männer unterscheiden sich in ihren Erwerbsbiografien und der Wahl von Berufsfeldern. Dies führt häufig zu unterschiedlichen Karriereverläufen und Verdienstunterschieden.
Im Wesentlichen sind es drei Ursachenkomplexe, die sich in vielen Studien als besonders prägend herausstellen.
1. Frauen fehlen in bestimmten Berufen, Branchen und auf den höheren Stufen der Karriereleiter.
2. Frauen unterbrechen oder reduzieren ihre Erwerbstätigkeit häufiger und länger familienbedingt als Männer.
3. Frauentypische Berufe sind weiterhin unterbewertet.
Gleichzeitig ist die Lohnlücke selbst ein (Fehl-)Anreiz für das Erwerbsverhalten von Frauen. Schlechtere Einkommensaussichten führen zu niedriger Erwerbsneigung, längere Erwerbsunterbrechungen führen zu mehr Entgeltungleichheit – ein Teufelskreis.
Unterschiede innerhalb Deutschlands
Der Gender Pay Gap beträgt in den neuen Bundesländern 9 %, in Westdeutschland inkl. Berlin 23 %. In den einzelnen Bundesländern schwankt der Verdienstunterschied zwischen 4 % in Mecklenburg-Vorpommern und 27 % in Baden-Württemberg. Insgesamt sind die Unterschiede des Gender Pay Gaps über die letzten Jahre hinweg stabil.
Quellen
Destatis: Verdienste und Verdienstunterschiede
Destatis: Gender Pay Gap Deutschland
BMFSFJ: Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern in Deutschland
Siehe auch
BPW Germany Youtube Channel: Wie wird der Equal Pay Day berechnet? Wie wird das Datum interpretiert?
Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt: Archiv Entgeltgleichheit
Eurostat: Gender Pay Gap in EU