Sozialversicherung

Aus Equal Pay Wiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

Krankenversicherung – beitragsfreie Familienmitversicherung

Sowohl in der gesetzlichen Kranken- als auch in der sozialen Pflegeversicherung gibt es die Möglichkeit der beitragsfreien Familienversicherung insbesondere für Kinder, Ehepartner und eingetragene Lebenspartner. Das ist eine grundsätzlich gute Sache – gelebte Solidarität der Kinderlosen mit Eltern. Allerdings können Ehepartner von Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung auch ohne weitere Voraussetzungen, welche eine eigenständige Absicherung über Erwerbstätigkeit hindern würden, beitragsfrei mitversichert sein. Damit wird die gute Sache zum Problem durch Missbrauch von Solidarität. Denn: die beitragsfreie Familienmitversicherung ist (neben dem „Ehegattensplitting“) eine wesentliche Voraussetzung für die dramatische Zunahme der Minijobs, in denen vorzugsweise verheiratete Frauen arbeiten ohne Aussicht darauf, jemals eine eigenständige Existenzsicherung aufzubauen. Daher gibt die Sachverständigenkommission in ihrem Gutachten die folgenden Empfehlungen:

„In Bezug auf die beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung empfiehlt die Kommission eine zeitliche Beschränkung auf definierte Zeiten der Fürsorgetätigkeit für Kinder und Pflegebedürftige sowie gegebenenfalls andere gesellschaftlich wichtige Tätigkeiten.

Regelungen des Sozial- und Einkommensteuerrechts, die an die Ehe anknüpfen, traditionell aber ein asymmetrisches Rollenmodell begünstigen, bedürfen einer grundsätzlichen Reform. Die beitragsfreie Ehegattenmitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung sollte durch eine eigenständige soziale Sicherung ersetzt werden, wobei für definierte Phasen der Sorgearbeit – ähnlich wie bei den Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung – die Gemeinschaft einzustehen hätte. Bei der Ehegattenbesteuerung sollte grundsätzlich auf den in Europa weit verbreiteten Modus der Individualbesteuerung umgestellt werden.“[1]

Alterssicherung

In Deutschland gibt es – anders als z.B. in den Niederlanden – keine obligatorische Altersversicherung. Wenn auch bei der Krankenversicherung inzwischen eine Versicherungspflicht eingeführt wurde, ist eine derartige Maßnahme für die Rente nicht geplant. Das Thema steht auch auf keiner Agenda – nicht in der Politik und erst recht nicht bei den Unternehmen, die im Gegenteil in erster Linie besorgt sind, dass die Sozialbeiträge zu hoch werden und damit ihre Personalkosten zu sehr belasten könnten. Auch die Gesellschaft fordert keine Vorsorge als „Volksversicherung“ nach niederländischem Vorbild – wenn auch viel über Altersarmut gesprochen und geschrieben wird. Während die Gefahr, krank zu werden, offenbar unmittelbar wahrgenommen wird – liegt das Alter in weiter Ferne: bis zum Renteneintritt. Der Rentenbescheid offenbart die Bilanz einer Erwerbsbiografie, indem er Jahr für Jahr eine Einordnung des/der Versicherten vornimmt in Relation zum allgemeinen Durchschnittseinkommen, welches mit einem „Entgeltpunkt“ bewertet wird. Wer Teilzeit gearbeitet und unterdurchschnittlich verdient hat, erwirbt vielleicht nur einen halben Entgeltpunkt – im Wert von ca. 14,- €. Wer das 20 Jahre lang gemacht hat, hat damit eine Rentenanwartschaft von 280,- € erworben. Weil die Rentenversicherung den Erwerbslebensverlauf 1:1 abbildet, schwillt der Gender Pay Gap von (durchschnittlich – unbereinigt) 22 % im Laufe eines frauentypischen Lebensverlaufs an auf einen Gender Pension Gap von (durchschnittlich – unbereinigt) 59 %.

Eine Kapitalansammlung (z. B. mit der „Riester-Rente“) hilft auch nur dann weiter, wenn das angesammelte Kapital eine nennenswerte Größenordnung erreicht. Nach einer auch von der Versicherungswirtschaft verwendeten Faustformel bringen 100.000,- € Kapital eine Rentenanwartschaft von 400,- € monatlich – natürlich nur bei sorgsamer Verwaltung. Eine Summe, von der nicht nur Minijobberinnen träumen werden.

Fazit: Wer für Equal Pay streitet, leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Schließung der Rentenlücke und zur Vorbeugung gegen Altersarmut.

Einzelnachweise

  1. BMFSFJ (2011). Neue Wege - Gleiche chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebenslauf. Erster Gleichstellungsbericht. Drucksache 17/6240.

Quellen

BMFSFJ (2011). Neue Wege - Gleiche chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebenslauf. Erster Gleichstellungsbericht. Drucksache 17/6240.

Factsheets zum ersten Gleichstellungsbericht Pdf-icon.gif Download PDF

Siehe auch

Familie und familienbezogene Leistungen