Schwerpunktthema 2022: Equal pay 4.0 – gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt

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Die digitale Transformation bringt eine beschleunigte Dynamik in den Arbeitsmarkt. Neue, agile Arbeitsformen, mobiles und flexibles Arbeiten, Social Entrepreneurship, aber auch technische und digitale Lösungen für körperlich schwere Arbeiten bergen Chancen für mehr Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. Neben Chancen gehen mit der Digitalisierung aber auch Risiken für die Gleichstellung einher. Wie kann die Digitalisierung also Lohngerechtigkeit fördern?

Unter dem Motto „Equal pay 4.0 – gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt!“ präsentiert die Kampagne Lösungsmöglichkeiten für eine lohngerechte Arbeitswelt.

Daten und Fakten

• Die Lohnlücke liegt in Deutschland bei 18 Prozent (Statistisches Bundesamt).

• Mit der Rente wächst die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen sogar auf 53 % Unterschied in den Alterssicherungseinkommen (4. Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland).

• Deutschland hat den größten Gender Pension Pay Gap unter den OECD-Staaten, der je nach Datenlage zwischen 30 und 50 Prozent liegt (IW, 2020).

• In der IT-Branche ist der Gender Pay Gap mit 8-13% deutlich niedriger, er steigt aber mit zunehmenden Alter an (Expertise zum Dritten Gleichstellungsbericht, 2020).

• Frauen machen insgesamt einen geringeren Anteil der Belegschaft in dieser Branche aus. So sind ca. 80% aller Software-Entwickler Männer und unter 10 % der Startups im Bereich Digitalisierung werden von Frauen gegründet (Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft in Deutschland). Frauen entgehen damit nicht nur Jobs im IT-Sektor; auch ihre Perspektive als Nutzerinnen von IT-Produkten fehlt.

• Frauen nehmen seltener als Männer an berufsbezogenen Weiterbildungen teil, so z.B. ist das Verhältnis 43 % Frauen und 57 % Männer bei Schulungen am Arbeitsplatz. Dies liegt unter anderem daran, dass Frauen vermehrt in Teilzeit und seltener in Leitungspositionen arbeiten sowie häufiger Aufgaben der unbezahlten Sorgearbeit übernehmen (Expertise zum Dritten Gleichstellungsbericht). Fortbildungen sind aber im Rahmen der Digitalisierung der Wirtschaft besonders wichtig, da Mitarbeitende sich neues Wissen in immer kürzeren Abständen aneignen müssen, um mit der technologischen Entwicklung am Arbeitsmarkt Schritt zu halten.

• Frauen üben im Durchschnitt seltener Tätigkeiten aus, die von Computern übernommen werden können, als Männer. So gehen Studien davon aus, dass Tätigkeiten in Fertigungsberufe, in denen hauptsächlich Männer beschäftigt sind, größtenteils von Maschinen übernommen werden können. Dahingegen sind viele Tätigkeiten im Rahmen von Dienstleitungsberufen, die vorwiegend von Frauen ausgeübt werden, nur schwer zu ersetzen. Allerdings sind über alle Berufe betrachtet, die Unterschiede im Substituierbarkeitspotenzial zwischen Frauen und Männern nur graduell und deshalb ist die Aussage, dass Männer stärker von der Digitalisierung betroffen sind, zu pauschal (Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung).

Ausgangspunkt Kampagne 2024

Damit Frauen ihre Chancen am digitalisierten Arbeitsmarkt erkennen und nutzen können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Gemeinsam wollen wir dafür sorgen, dass die digitale Transformation zu mehr Lohngerechtigkeit führt. Folgende Studien fassen das Spannungsfeld zusammen und bieten Lösungsansätze:

I. Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten ist das Motto des Gutachten zum Dritten Gleichstellungsbericht:

Das Gutachten stellt fest, dass technische Entwicklungen keineswegs bereits vorhandene Diskriminierungen fortschreiben müssen. Sie können hingegen diese besser sichtbar machen und zur Beseitigung beitragen, so z.B. unbewusste Vorannahmen bezüglich des Geschlechts (unconscious bias) entzerren - (de-biasing). Das Gutachten gibt darum für eine geschlechtergerechte Transformation u.a. folgende Handlungsempfehlungen:

• Entwicklung von Modellen für einen diskriminierungsfreien Einsatz von algorithmischen Systemen

• Förderung einer geschlechtergerechten Arbeits- und Organisationskultur und Aufgabe der Präsenzkultur, damit Möglichkeiten des mobilen Arbeitens

• Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes

II. D21 DIGITAL INDEX 2020/2021 – Jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft

Der Index misst, wie weit die Deutsche Gesellschaft mit dem digitalen Wandel Schritt hält. Aus den Ergebnissen der Untersuchung können u.a. folgende Handlungsempfehlungen zur Förderung von Lohngerechtigkeit:

• Gleiche Chancen bei digitaler Bildung: Pädagogische Konzepte für Aus- und Weiterbildung sowie berufliche Beratung sind vorurteilsfrei und geschlechterneutral zu gestalten.

• Frauen müssen bei der Entwicklung mobiler Arbeitsprozesse konsequent beteiligt werden.

• Dies alles geht nur unter Sicherstellung einer chancengleichen Bereitstellung der Ausrüstung (IT-Hardware und Tools).

Für das Jahr 2020 hat das Statistische Bundesamt eine Lohnlücke von 18 Prozent errechnet (Statistisches Bundesamt). Damit sinkt die Lohnlücke seit 2017, aber sehr langsam. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen wächst mit dem Alter und führt in der Rente zu einem Gender Pension Gap, der je nach Datenlage zwischen 30 und 50 Prozent liegt; Deutschland hat den größten Gender Pension Pay Gap unter den OECD-Staaten (IW, 2020).

Die Corona-Krise hat der Digitalisierung der Arbeitswelt einen gewaltigen Schub versetzt. Dabei zeigt die Digitalisierung Chancen durch neue, agile Arbeitsformen, mobiles und flexibles Arbeiten, Social Entrepreneurship, aber auch technische und digitale Lösungen für körperlich schwere Arbeiten in verschiedenen Branchen für mehr Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt auf. Auf einem sich verändernden Arbeitsmarkt gilt es zudem, Qualifikationen und Aufgaben ehemals rein analoger Tätigkeiten durch Digitalisierung am Arbeitsmarkt für Entgeltgerechtigkeit neu zu bewerten. Das wollen wir in der EPD-Kampagne 2022 aufgreifen, die sich den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt und der Neubewertung von Arbeit durch Digitalisierung im Sinne der Lohngerechtigkeit widmet. Um Gleichberechtigung in der digitalisierten Arbeitswelt sicherzustellen, müssen unter anderem folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

• Guter und gleichberechtigter Zugang zu digitaler Bildung für Frauen und Männer muss sichergestellt werden.

• Nur wenn Programmierungsteams divers aufgestellt sind, können sie Algorithmen und KI entwickeln, die nicht auf verzerrenden Vorannahmen (biases) fußt.

• Damit Frauen und Männer von den Möglichkeiten mobiler und flexibler Arbeitsformen gleichermaßen profitieren, muss die Präsenzkultur überwunden werden.

• Investorinnen und Investoren müssen durch den aktiven Einbezug von Geschlechterfaktoren in Investitionsanalysen die Förderung von weiblichen Gründungen stärken, sodass der Anteil der von Frauen gegründeten Startups im Bereich Digitalisierung sich erhöht und die weibliche Perspektive bei Gestaltung und Nutzung von digitalen Produkten berücksichtigt ist.

Unter dem Motto Equal pay 4.0 – gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt fordert die Kampagne darum auf, die Chancen der digitalen Transformation der Arbeitswelt zur Schließung der Lohnlücke in Deutschland zu nutzen.

Kick-Off-Veranstaltung equal pay 4.0 - gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt am 8. Oktober 2021

Unter dem Motto „Equal pay 4.0 – gerechte Bezahlung in der digitalen Arbeitswelt“ ist am 8. Oktober, bundesweit die Equal Pay Day Kampagne 2022 gestartet. Die Kick-off-Veranstaltung für den nächsten Equal Pay Day, der auf den 7. März 2022 datiert ist, fand am Freitag von 11 bis 12 Uhr per Livestream statt.

In ihrem Grußwort betont Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den Blick in die Zukunft: „Es ist wichtig, dass wir uns nicht nur darauf konzentrieren, was die bestehenden Herausforderungen in der Vergangenheit waren und sind und warum es eben nicht zu einer gleichen Bezahlung gekommen ist. Sondern, dass wir sehen, durch die Digitalisierung bestehen einerseits Herausforderungen fort, aber es kommen anderseits auch noch neue dazu – oder sie erscheinen in anderem Gewand.“

Uta Zech, die Präsidentin des Business and Professional Women (BPW) Germany e.V., der seit 2008 den Equal Pay Day initiiert, stellte in der Online-Veranstaltung am Freitag das neue Motto der Kampagne vor: Die Corona-Krise hat die Digitalisierung am Arbeitsplatz vom Nebengleis auf die Hochgeschwindigkeitsstrecke befördert. Zech glaubt, dieser Tempowechsel ist auch beim Thema equal pay möglich und notwendig, denn noch immer plagt sich Deutschland mit einem Gender Pay Gap von 18 Prozent herum. Die Digitalisierung wird in den kommenden Jahren alle Bereiche unseres Lebens grundlegend verändern: Kommunikation, Information, Konsum und Arbeit. „Berufe werden überflüssig, neue werden entstehen“, blickt Zech in die Zukunft. Die Digitaliserungsprozesse sind genauso mit bewussten oder unbewussten Vorteilen behaftet wie die Menschen, die sie gestalten. Das hat auch Auswirkungen auf die gleiche Bezahlung von gleicher und gleichwertiger Arbeit. Deshalb ist es so wichtig, dass Frauen sie mitgestalten! Sie appelliert an alle: „Gestaltet die Digitalisierung mit – Frauen und Männer.“

Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok stellte das aktuelle Gutachten des Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung vor. Die Vorsitzende der Sachverständigenkommission legte den Fokus ihrer Ausführungen auf die Aspekte der Entgeltgleichheit in der digitalisierten Wirtschaft. Zwar sei der Gender Pay Gap hier mit sieben Prozent geringer als in anderen Branchen, dafür sind aber nur 17 Prozent der Beschäftigten Frauen. Hier wird die Gefahr deutlich, dass Frauen von einer positiven Entwicklung einer Branche “abgehängt” werden. Digitalisierung verbessere also die Arbeitsmarkt- und Erwerbschancen für Frauen nicht automatisch, aber sie eröffne ein Gelegenheitsfenster für Verbesserungen – auch für mehr Lohngleichheit. Ihr Appell an Politik und Unternehmen: “Fix the company – und nicht die Frauen, bitte schön.”

Noah Fleischer, stellvertretender Geschäftsführer für Strategie und Data Analytics bei LUB, griff auf seine langjährige Erfahrung in der Organisationsberatung im Unternehmens-, Politik- und Hochschulbereich zurück und beschrieb die Chancen für Entgeltgleichheit und mehr Diversität durch gendersensible KI am Beispiel von Diversity-Recruiting und Psycholinguistik. Ähnlich wie Uta Zech sieht auch er die Verantwortung bei den Menschen: “Wir Menschen haben die Fähigkeiten, unsere Vorurteile zu überwinden. Maschinen nicht.”

Und wer sich fragte, warum „sitzt denn da schon wieder ein Mann, der die Veranstaltung moderiert,“ dem gab Journalist und Lead Distributor für das ZDF Jannis Schkarian direkt eine Antwort: „Equal pay ist nun wirklich kein Thema, dass nur ein Geschlecht angeht. Auch wenn vor allem noch Frauen benachteiligt werden, schränkt es doch auch uns Männer ein, wie wir unser Leben gestalten können, wenn wir nicht alle gleich bezahlt werden.“ Als Vater einer kleinen Tochter kommt er gerade aus eineinhalb Jahr Elternzeit und arbeitet aktuell in Teilzeit – ermöglicht durch die gleiche Bezahlung seiner Frau.

Die Aufzeichnung der Veranstaltung kann hier auf YouTube nachgesehen werden.

Das Programm zur Veranstaltung: Pdf-icon.gif Download PDF

Netzwerkveranstaltung

In einer digitalen Netzwerkveranstaltung am 9. November 2021 wurden die Hintergründe der Equal Pay Day Kampagne 2023 beleuchtet, Aktionen vorgestellt und Tipps zur Durchführung erläutert. Auch dies kann hier auf YouTube angeschaut werden.

Online Publikationen zum Equal Pay Day 2022

Equal Pay Day Journal 2022 Pdf-icon.gif Download PDF

Equal Pay Day Flyer 2022 Pdf-icon.gif Download PDF