Minijobs

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Abgabenprivilegierung (Minijobs)

Kleinstarbeitsverhältnisse mit der monatlichen Verdienstobergrenze von 450,-- €, besser bekannt als „Minijobs“, sind für den Arbeitnehmer und die Arbeitnehmerin steuerfrei (d.h.: sie mindern auch nicht den maximalen „Splittingvorteil“ der ehelichen Gesamtveranlagung). Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin zahlt Pauschalabgaben an die gesetzliche Krankenversicherung und die gesetzliche Rentenversicherung – OHNE dass der Arbeitnehmerin / dem Arbeitnehmer dadurch Leistungsansprüche aus diesen Versicherungszweigen entstehen. Sofern sie / er beitragsfrei beim Ehegatten „mitversichert“ ist, wird das auch für entbehrlich gehalten. Der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin führt zusätzlich eine Steuerpauschale von 2 % ab. Die Pauschalabgaben liegen mit 30 % deutlich höher als der Arbeitgeberbeitrag eines sozialversicherten Beschäftigungsverhältnisses, welcher 19,28 % beträgt. Warum lässt sich ein im Übrigen scharf kalkulierender Arbeitgeber auf ein derartiges Geschäft ein? Worin sieht er den Vorteil des Formats „Minijob“?

Die Vermutung liegt nahe, dass die Vorteile in der systematischen Vorenthaltung von Arbeitnehmerrechten gesucht werden. Das heißt: Keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, kein Urlaubsgeld (häufig auch kein Urlaubsanspruch) und kein Kündigungsschutz. Das bestätigen sowohl die Untersuchung von Prof. Carsten Wippermann wie auch die von ihm zitierten Untersuchungen anderer.[1]

„Sowohl das Angebot als auch die Nachfrage nach sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung wird unter dem Strich durch die Abgabenprivilegierung geringfügig entlohnter Beschäftigung konterkariert, weil sie Anreize setzt, gerade nicht in einem Normalarbeitsverhältnis tätig zu werden. … Die geringfügige Beschäftigung hat dabei inzwischen eine Dimension erreicht, welche mit Grundkonzeptionen der geltenden Rechtsordnung im Privatrecht und im Sozialrecht nicht mehr im Einklang steht und die zu hohen, aus dem Steueraufkommen zu bewältigenden Belastungen führt.“[2]

Frauen im Minijob

Bei jungen Frauen (unter 30 Jahren) sind die Erwartung und Erfahrung, dass ein Minijob gute Bedingungen und ein flexibles Arbeitsverhältnis biete, am stärksten ausgeprägt. Im Lebensverlauf ist dies meist die Phase der beruflichen Orientierung und/oder Familiengründung, in der jungen Frauen ein Minijob situativ „passend“ und optimal erscheint. Frauen in diesem Altersabschnitt sehen ihre künftige Erwerbsbiografie offen, von ihnen frei wählbar und optimistisch; bestimmend ist die Annahme beruflicher Multioptionalität. Gerade deshalb ergreifen sie einen Minijob, der aus ihrer Perspektive völlig risikofrei ist und zudem große Flexibilität verheißt.

Mit zunehmendem Alter jedoch geht die Einschätzung der guten Bedingungen sowie der Flexibilität deutlich zurück.

• Bezogen auf den Lebensverlauf: Mit zunehmender Dauer im anfangs attraktiv schillernden Minijob kommt der „Realitätsschock“. Die Frauen müssen erfahren, dass zum einen die Bedingungen für sie nicht so gut sind wie zu Beginn oder ursprünglich geglaubt; zum anderen dass sie aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit im Minijob kaum noch eine Erwerbsalternative zum Minijob haben. Damit stehen sie als qualifizierte Fachkraft dem regulären Arbeitsmarkt nur noch theoretisch zur Verfügung, praktisch bleiben sie dauerhaft eine als unqualifiziert geltende und entsprechend gering entlohnte „Minijobberin“ ohne Aufstiegs- und Karriereperspektive.

• Bezogen auf Altersgruppen: Mit zunehmendem Alter (insbesondere nach mehrjähriger familienbedingter Erwerbsunterbrechung, die bei einigen Frauen länger als 10 Jahre andauert) und verstärkt im Alter ab 50 Jahren erscheint Frauen der berufliche Einstieg in den Minijob von vornherein als alternativlos.[3]

Zwischennachweise

  1. BMFSFJ (2012). Frauen im Minijob – Motive und (Fehl-)Anreize für die Aufnahme geringfügiger Beschäftigung im Lebenslauf., S. 78 ff.
  2. BMFSFJ (2012). Frauen im Minijob – Motive und (Fehl-)Anreize für die Aufnahme geringfügiger Beschäftigung im Lebenslauf., S. 81
  3. BMFSFJ (2012). Frauen im Minijob – Motive und (Fehl-)Anreize für die Aufnahme geringfügiger Beschäftigung im Lebenslauf., S. 41 ff.

Quellen

BMFSFJ (2012). Frauen im Minijob – Motive und (Fehl-)Anreize für die Aufnahme geringfügiger Beschäftigung im Lebenslauf.

Factsheets zum ersten Gleichstellungsbericht Pdf-icon.gif Download PDF