Familie und familienbezogene Leistungen

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Elterngeld

Das Elterngeld wurde im Jahr 2007 im Rahmen des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit unter Familienministerin Ursula von der Leyen eingeführt. Es löste das Erziehungsgeld ab, das für nicht erwerbstätige Eltern nach der Geburt ihres Kindes eine Ausgleichsleistung von zuletzt 300 Euro für maximal 24 Monate vorsah.

Der Einführung des Elterngeldes waren wissenschaftliche Untersuchungen vorausgegangen, die der Elternzeit-Reform von 2001 eine „fehlende Zielerreichung“ bescheinigten – beispielsweise in Bezug auf die Inanspruchnahme des Erziehungsgeldes durch Väter (Blum 2012: 140). Die Reform der bestehenden Regelungen war eingebettet in umfassende wissenschaftliche und politische Diskussionen um den demografischen Wandel, den Fachkräftemangel und die Frauenerwerbstätigkeit (z. B. Lissabon-Strategie der Europäischen Union von 2000; der Siebte Familienbericht der Bundesregierung von 2006). Bei der Erarbeitung des Konzepts für das neue Elterngeld wurden zudem zahlreiche internationale Vergleiche herangezogen (Ahrens et al. 2010; Blum 2012).

Das Elterngeld ist eine Bundesleistung. Sie ist konzipiert als Einkommensersatz für Mütter und Väter, die in den ersten Lebensmonaten ihres Kindes ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen. Das Elterngeld beträgt (je nach Höhe des zuvor erzielten Erwerbseinkommens) 65 % bis 67 % des Nettoeinkommens vor Inanspruchnahme des Elterngeldes (max. 1.800 Euro). Beschäftigte mit einem sehr geringen Einkommen erhalten bis zu 100% ihres vorherigen Nettoeinkommens, mindestens jedoch 300 Euro. Dieses Mindestelterngeld wird auch an Personen ausbezahlt, die vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig waren. Das Elterngeld kann ab Geburt des Kindes bis maximal zur Vollendung des 14. Lebensmonats ausgezahlt werden – vorausgesetzt, beide Partner nehmen mindestens zwei Elterngeld-Monate in Anspruch.

Zum 1.1.2015 traten die Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes sowie Neuregelungen für Mehrlingseltern in Kraft. Ab dem 1.7.2015 werden das Elterngeld Plus als zusätzliche Bezugsvariante sowie der Partnerschaftsbonus und eine flexiblere Elternzeit eingeführt.

BPB: Infografik Elterngeld

BPB: Infografik Kindergeld

DIW: Zehn Jahre Elterngeld: Eine wichtige familienpolitische Maßnahme, 2016

Erwerbspausen

Familienbedingte Erwerbsunterbrechungen, d. h. der Wechsel von bezahlter zur unbezahlten Familienarbeit, sind eine der Hauptursachen für die geschlechtsspezifische Entgeltlücke. Es sind immer noch überwiegend die Frauen, die diesen Wechsel vornehmen – und sie verdienen beim Wiedereinstieg häufig weniger als zuvor. Warum ist das so? Lange Erwerbspausen führen zur Entwertung der beruflichen Qualifikation – zumindest in den Augen der Arbeitgeber, die den Rückkehrerinnen keine weiteren Aufstiegschancen bieten. Nicht selten haben aber auch die Frauen selbst das Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit verloren, weil Ihnen die Praxiserfahrung fehlt und sie Weiterbildungsmaßnahmen nicht wahrgenommen haben. Hinzu kommt, dass Frauen häufig nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung ihre Arbeitszeit verkürzen, was sich insgesamt auch negativ auf ihr Einkommensprofil auswirkt. Mit einem Wechsel von einer Vollzeit- auf eine Teilzeitstelle ist in vielen Fällen die Rückkehr auf den früheren Arbeitsplatz verbaut und meist sogar ein beruflicher Abstieg verbunden.

Diese Folgen können vermieden werden durch vorausschauende Planung und qualifizierte Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber bereits vor Eintritt in die Erwerbspause. Viele Unternehmen wissen, dass die Qualifikation ihrer weiblichen Mitarbeiter erhaltenswertes Potential ist. Sie fahren eine engagierte Personalbindungspolitik mit Rückkehrgarantien auf den alten Arbeitsplatz, flexiblem Arbeitszeitmodellen und anderen Unterstützungsmaßnahmen wie Betriebskindergärten u.a.m. Drei in diesem Sinn vorbildliche Unternehmen konnten wir für die Equal Pay Day Kampagne 2014 als Schwerpunktpartner gewonnen werden: die Berliner Verkehrsbetriebe, das Universitätsklinikum Schleswig Holstein und die Direktbank ING DiBa. Der mit dem demografischen Wandel sich verstärkende Wettbewerb um qualifizierte Kräfte wird – so ist zu hoffen – immer mehr Unternehmen davon überzeugen, dass weibliche Arbeitskraft eine wichtige Ressource ist.

Erziehungszeiten

Frauen unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit oder reduzieren deren Umfang wegen der Kinder und ihrer Erziehung. In diesen Zeiten werden keine oder verminderte Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt – das gilt auch für die Zeit des Elterngeldbezuges. Da nun die gesetzliche Rentenversicherung nach dem Prinzip der „Beitrags-Leistungs-Äquivalenz“ arbeitet, werden in diesen Zeiten keine oder verminderte Leistungsansprüche der Rentenversicherung erworben. Im Klartext: Mütter (oder die hoffentlich weiter zunehmende Zahl der Väter), die die kommende Generation erziehen, mindern durch diese tatsächliche Beitragsleistung zum Generationenvertrag ihre eigenen Altersbezüge. Diese Aussage wird nicht dadurch unrichtig, dass nicht jedes Kind Beitragszahlerin oder Beitragszahler wird.

An dieser Stelle hat der Gesetzgeber eine Kompensation vorgesehen: Für Geburten ab 1.1.1992 werden die ersten drei Jahre nach der Geburt des Kindes als Erziehungszeit angerechnet, für Geburten vor 1992 gibt es ein Jahr. Dabei wird ein durchschnittlicher Verdienst unterstellt. Nun stellt sich die Frage: Warum bringt Mariechen, die am 5. Januar 1992 geboren wurde, ihrer Mutter (oder ihrem Vater – das können die Eltern frei entscheiden) eine Rentensteigerung von ca. 84,- €, während Anton, der am 24.12.1991 das Licht der Welt erblickt hat, das Rentenkonto nur mit ca. 28,- € verbessert? Mit sachlichen Argumenten ist das nicht zu erklären. Daher streiten Frauenverbände seit dem Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 1989 dafür, dass die vor und die nach 1992 geborenen Kinder ihren Müttern gleich viel Rentensteigerung bringen müssen. Tatsächlich gibt es nun erste Erfolge: 25 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes soll ein Schritt in Richtung Angleichung vorgenommen werden: ca. 56,- € für Anton, ca. 84,- € für Mariechen. Dieser kleine Erfolg wird unter dem Stichwort „Mütterrente“ in den Medien kritisiert: Wegen der Kosten, mit denen zukünftige Generationen belastet werden und welche es nicht gäbe ohne die Mütter, um die es geht. Kritik kommt von der derzeit aktiven Generation – d. h.: von denen, die ihre Kinder zu den seit 25 Jahren bestehenden günstigen Anrechnungszeiten geboren haben.

Unterhaltsrecht – Erwerbsobliegenheit

Wenn die Ehe scheitert, sind gütliche Einigungen zwar noch möglich, aber selten. Eine gelebte nacheheliche Solidarität der Partner, die mit ihrer Eheschließung zu 90% den Wunsch verbunden hatten, die Beziehung möge ein Leben lang halten, und die Eheschließung als verbindliches Bekenntnis zu gegenseitiger Solidarität sahen ist die Ausnahme. Nach Trennung und Scheidung geht es neben der Frage des elterlichen Sorgerechts um die Frage des Unterhalts.

„Erklärtes Ziel der grundlegenden Unterhaltsrechtsform von 2007 war es, auf die gewandelten Familien- und Beziehungsstrukturen zu reagieren. Unter Berufung auf die veränderte Rollenverteilung in der Ehe und die zunehmende Berufstätigkeit beider Ehepartner wurde der nachehelichen Eigenverantwortung ein deutlich größerer Stellenwert als bisher eingeräumt: das bedeutet, dass alle Formen des nachehelichen Unterhalts nach Maßgabe der Billigkeit auf den angemessenen Lebensbedarf beschränkt oder zeitlich begrenzt werden können. In deutlicher Abkehr vom Ernährermodell, das noch die Eherechtsreform von 1977 geprägt hatte, wird damit der Gedanke lebenslanger nachehelicher Solidarität aufgegeben. Die Lebensstandardgarantie wird eingeschränkt und der Gedanke des Ausgleichs ehebedingter Nachteile wird stärker in den Vordergrund gerückt. Denn maßgeblicher Prüfungspunkt bei der Beschränkung oder Befristung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB ist die Frage, „inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen“.[1]

Die zentrale Botschaft des neuen Unterhaltsrechts verbirgt sich hinter dem Begriff „Erwerbsobliegenheit“: Jeder Partner ist nach Trennung und Scheidung grundsätzlich für seine eigene Existenzsicherung verantwortlich. Mangels anderer Einkunftsquellen bleibt das nur die eigene Erwerbsarbeit.

„Bis 2007 hatte die Rechtsprechung nach dem sogenannten Altersphasenmodell eine Erwerbsobliegenheit bei Betreuung eines Kindes erst ab Vollendung des achten Lebensjahres einsetzen lassen. Demgegenüber gewährt § 1570 Absatz 1 BGB in seiner aktuellen Fassung Betreuungsunterhalt grundsätzlich nur noch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des zu betreuenden Kindes. Danach ist der Betreuungsunterhalt nur aus Gründen der Billigkeit zu verlängern, die sich entweder aus den Belangen des Kindes oder der in der Partnerschaft praktizierten Rollenverteilung ableiten. Hat also das zu betreuende Kind das dritte Lebensjahr vollendet, kann sich der geschiedene Ehepartner – in der Regel die Frau – jedenfalls dann nicht mehr für einen Verzicht auf Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung eines Kindes entscheiden, wenn er (sie) in diesem Fall auf familienrechtlichen Betreuungsunterhalt angewiesen wäre“.[2]

Einzelnachweise

  1. BMFSFJ (2011). Neue Wege - Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebenslauf. Erster Gleichstellungsbericht, S. 65
  2. Ebenda

Quellen

Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland

Blum, Sonja (2012): Familienpolitik als Reformprozess. Deutschland und Österreich im Vergleich.

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz

Europäischer Rat 2000: Schlussfolgerungen des Vorsitzes. Europäischer Rat 23. und 24. März 2000. Lissabon

Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG)

Informationen zum Elterngeld (auch Elterngeld Plus)

BMFSFJ (2011). Neue Wege - Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebenslauf. Erster Gleichstellungsbericht. Drucksache 17/6240.

BMFSFJ (2013). Partnerschaft und Ehe – Entscheidungen im Lebensverlauf.

Factsheets zum ersten Gleichstellungsbericht Pdf-icon.gif Download PDF

Gutachten zum zweiten Gleichstellungsbericht

Siehe auch

BPB: Infografik Erwerbstätigkeit von Eltern nach Zahl der Kinder

BPB: Infografik Erwerbstätigkeit von Eltern nach Alter des jüngsten Kindes

BMFSFJ: Leistungen und Förderung für Familien

BPB: Unbezahlte Arbeit

Kinderbetreuung