FAQs zum Equal Pay Day

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Wir haben die wichtigsten Fragen zum EPD allgemein und den vergangenen Schwerpunktthemen aufgelistet und für Sie beantwortet. Eine Frage bleibt unbeantwortet? Schreiben Sie uns!

Das Thema „Mindestlohn“ spielt im Zusammenhang mit Entgeltgleichheit schon deshalb eine wichtige Rolle, weil Frauen den größten Anteil der prekär Beschäftigten stellen – unter anderem im „Minijob“. Mindestlohn-FAQ des DGB

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat 2015 das Themenjahr "Gleiches Recht. Jedes Geschlecht." ausgerufen. Entgeltgleichheit ist eines der zentralen Themen. Häufig gestellte Fragen

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erklärt Fachbegriffe aus der Arbeitswelt von heute, morgen und übermorgen. Glossar Arbeiten 4.0

Fakten und Daten zum Gender Pay Gap

Was ist der Gender Pay Gap?

Der Gender Pay Gap (GPG) beschreibt die geschlechtsspezifische Lohnlücke: den prozentualen Unterschied im durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen (bezogen auf den durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern). Die vom Statistischen Bundesamt auf der Basis von 1,9 Millionen sozialversicherten Beschäftigten aus allen Branchen und Berufen errechneten Bruttostundenlöhne der Frauen betrugen im Jahr 2017 16,59 Euro, während Männer auf 21 Euro kamen. Der Unterschied von 21 Prozent Unterschied ist im Vergleich zu den Vorjahren unverändert. Bei den 21 Prozent handelt es sich um den „unbereinigten“ Gender Pay Gap.

Was ist der 'bereinigte' Gender Pay Gap?

Es gibt strukturelle, arbeitsmarktrelevante Merkmale, die zu den verschiedenen hohen Verdiensten führen. Zu diesen Merkmalen zählen Berufserfahrung und Bildung, Beschäftigungsumfang (Arbeitszeiten im Sinne von Voll- und Teilzeitbeschäftigung), Beruf und Branche sowie Führungs- und Qualifikationsanspruch. Für den „bereinigten“ Gender Pay Gap werden diese Merkmale herausgerechnet. Danach bleiben noch sieben Prozent Verdienstunterschied bestehen – von Männern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiographien. Aber auch hier können nicht alle Ursachen (wie Erwerbsunterbrechungen oder Verhandlungsstärke) berücksichtigt werden.

Wie seriös ist es, branchen- und positionsübergreifend den Bruttostundenlohn aller berufstätigen Männer mit dem aller berufstätigen Frauen zu vergleichen??

Den Gender Pay Gap (GPG) von 21 Prozent berechnet das Statistische Bundesamt. Es geht nicht darum, nur einzelne Branchen oder Positionen, sondern den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmenden zu vergleichen. Der unbereinigte GPG kann als Kernindikator fortbestehender gesellschaftlicher Ungleichbehandlungen von Frauen und Männern im Erwerbsleben dienen. In dieser einen Messgröße verdichten sich (fast) alle Facetten der Probleme, mit denen Frauen im Erwerbsleben weiter konfrontiert werden.

So wird auch der Teil des GPG erfasst, der z.B. durch schlechtere Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder Karrierestufen, die möglicherweise ebenfalls das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind. Rechnet man beim bereinigten GPG die strukturellen Ursachen heraus, zeigt man zwar, dass man diese erkannt hat, diskutiert den Problemzusammenhang aber nicht mehr in dieser Gesamtheit.

Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln berechnet einen bereinigten Gender Pay Gap von zwei Prozent. Wie kommt das Statistische Bundesamt auf sieben Prozent?

Das Statistische Bundesamt (Destatis) und das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) verwenden zum einen eine andere Datengrundlage und zum anderen verschiedene statistische Methoden.

Destatis nutzt eine größere Datenbasis. Datengrundlage ist die Verdienststrukturerhebung, die europaweit durchgeführt wird und alle Beschäftigten in Betrieben mit min. 10 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen des produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs abdeckt. Für das Berichtsjahr 2010 wurden in Deutschland die Daten von 32.000 Betrieben und 1,9 Millionen Arbeitnehmern erfasst und ausgewertet.

Das IW nutzt für seine Auswertung das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das SOEP umfasst 22.000 Personen aus 10.000 Haushalten, die alljährlich nach einem festen Schema befragt werden.

Auf Basis der SOEP-Daten errechnet das IW mit vergleichbaren statistischen Methoden, die auch Destatis verwendet, eine bereinigte Lohnlücke von acht Prozent. Diese Lücke entspricht in etwa der von Destatis. Der Wert von zwei Prozent kommt mit einer anderen Methode erst zustande, wenn man statistisch konstruierte „Zwillinge“ mit bestimmten gleichen Eigenschaften bildet und dann die Gehaltsunterschiede berechnet. Aus diesem Grund ist es in diesem Fall nicht korrekt, von der „bereinigten Entgeltlücke“ zu sprechen.

Was sind die Gründe für den Gender Pay Gap?

Der Gender Pay Gap ist auf vielfältige und sich gegenseitig bedingende Ursachen zurückzuführen. Frauen und Männer unterscheiden sich in ihren Erwerbsbiografien und der Wahl von Berufsfeldern. Dies führt häufig zu unterschiedlichen Karriereverläufen und Verdienstunterschieden. Im Wesentlichen sind es drei Ursachenkomplexe, die sich in vielen Studien als besonders prägend herausstellen.

1. Frauen fehlen in bestimmten Berufen, Branchen und auf den höheren Stufen der Karriereleiter.

2. Frauen unterbrechen oder reduzieren ihre Erwerbstätigkeit familienbedingt häufiger und länger als Männer.

3. Frauentypische Berufe sind weiterhin unterbewertet.

4. Durch fehlende Gehaltstransparenz ist eine Ungleichbehandlung der Bezahlung aufgrund des Geschlechts nicht sichtbar.

5. Gängige Rollenstereotype beeinflussen nach wie vor die Berufswahl von Frauen.

Gleichzeitig ist die Lohnlücke selbst ein (Fehl-)Anreiz für das Erwerbsverhalten von Frauen. Schlechtere Einkommensaussichten führen zu niedriger Erwerbsbeteiligung, längere Erwerbsunterbrechungen führen zu mehr Entgeltungleichheit – ein Teufelskreis.

Gibt es Unterschiede in Ost- und Westdeutschland? Wenn ja, woran kann das liegen?

Ja, und dieser Unterschied ist bereits über viele Jahre hinweg stabil. Der Gender Pay Gap beträgt in den neuen Bundesländern 7 Prozent, in Westdeutschland inkl. Berlin 23 Prozent. In den einzelnen Bundesländern schwankt der Verdienstunterschied zwischen fünf Prozent in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sowie 26 Prozent in Baden-Württemberg.

Das liegt u.a. auch an dem sehr stark variierenden Einkommensniveau in alten und neuen Bundesländern – denn Arbeit wird nicht überall gleich entlohnt. In den neuen Bundesländern mit einer traditionell hohen Frauenerwerbstätigkeit und einem allgemein niedrigen Lohneinkommen ist der Verdienst der Frauen sogar höher als der der Männer. Gründe dafür können u. a. darin liegen, dass Ostdeutschland zum einen keine wirtschaftlich starken Industrieregionen und somit männerdominierte Branchen hat, wo hohe Gehälter gezahlt werden, andererseits ist jedoch der Dienstleistungssektor und andere Branchen, in denen traditionell Frauen beschäftigt sind, stark vertreten.

Wie steht Deutschland im EU-Vergleich da?

Innerhalb der EU wurde der Gender Pay Gap letztmalig für das Jahr 2016 veröffentlicht. Deutschland steht mit 21 Prozent am unteren Ende der Skala. Nur in Estland (25,3 %) und Tschechien (21,8 %) gibt es einen noch höheren Unterschied. Die niedrigsten Werte findet man in Italien und Rumänien (mit 5,3 % und 5.2 %).

Die Daten können via Eurostat abgerufen werden.

Wieso ist der Gender Pay Gap in einigen Ländern so niedrig?

Dafür gibt es verschiedene Erklärungen:

- Das Lohnniveau in Europa ist sehr unterschiedlich und in manchen Ländern deutlich niedriger als in Deutschland. Es kann vorkommen, dass der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern geringer ausfällt, weil das Lohniveau an sich gering ist.

- Es ist entscheidend, wie viele Frauen im Arbeitsmarkt eines Landes aktiv sind. Bei relativ wenigen aktiven Frauen ist auch die Basis für einen Vergleich der Durchschnittsgehälter geringer.

- Ein weiterer Faktor ist das Angebot von zusätzlichen Leistungen für Familien, wie z.B. das Betreuungsangebot für Kinder. Diese Angebote können familienbedingte Unterbrechungen im Arbeitsleben reduzieren.

- Gesellschaftliche Einstellungen und Geschlechterstereotypen in den verschiedenen Ländern beeinflussen die Ausübung von Beschäftigung, vor allem von Frauen.

Fakten zum Equal Pay Day

Wieso ist der Equal Pay Day am 18. März 2019?

Der Equal Pay Day veranschaulicht an einem Datum den Unterschied in der durchschnittlichen Bezahlung von Männern und Frauen. Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen, dass diese Einkommensdifferenz im Jahr 2017 rund 21 Prozent des Durchschnittsbruttostundenlohns in Deutschland betrug. Geld ist auch Zeit: Umgerechnet ergeben sich aus dem Prozentsatz 77 Tage (21 % von 365 Tagen) und das Datum des nächsten EPD am 18.03.2019.

Mathematisch falsche Interpretationen des Datums tauchen immer wieder auf – z.B. dass am Equal Pay Day Frauen das Gehalt erwirtschaftet haben sollen, dass Männer bereits zum 31.12. des Vorjahres verdient haben.

Walter Joachimiak vom Statistischen Bundesamt hat die Berechnung erklärt.

Wofür steht der Equal Pay Day?

Als „Tag für gleiche Bezahlung“ markiert der Equal Pay Day symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, während Männer schon seit dem 1.1. eines Jahres für ihre Arbeit bezahlt werden.

Woher kommt die Idee des Equal Pay Day?

Entstanden ist der Aktionstag in den USA. Die amerikanischen Business and Professional Women (BPW) schufen 1988 mit der „Red Purse Campaign“ ein Sinnbild für die roten Zahlen in den Geldbörsen der Frauen. Diesen Gedanken griff der BPW Germany auf und startete 2008 die „Initiative Rote Tasche“, die den Grundstein für die bundesweite Einführung des Equal Pay Day legte. Die Idee der Umrechnung der Lohnlücke in eine anschauliche Zeitspanne, die in ein Kampagnendatum mündet, mobilisierte bereits im ersten Jahr rund 60.000 Aktive und führt bis heute dazu, dass man über Expertenkreise hinaus über die Ursachen der Entgeltungleichheit spricht. Inzwischen findet der Equal Pay Day in über 20 europäischen Ländern statt.

Fragen zu den Schwerpunktthemen der vergangenen Kampagnen

Haben Rollenstereotype Einfluss auf die Berufswahl?

Ja. Rollenstereotype beeinflussen weiterhin die Berufswahl von Mädchen und Jungen. Während Jungen und junge Männer aus einem sehr breiten Spektrum an Berufen auswählen, entscheiden sich Mädchen und junge Frauen weiterhin vorwiegend für „frauentypische“ Berufe.[1]

Mädchen und junge Frauen wählen durchschnittlich mehr Berufe, in denen anderen Menschen geholfen wird. Darüber hinaus wählen Mädchen und junge Frauen durchschnittlich häufiger aus Berufen aus, bei denen ein klares Berufsprofil zu erkennen ist. Als Beispiel: Mädchen und junge Frauen können sich unter den Tätigkeiten einer Altenpflegerin mehr vorstellen als zum Berufsfeld der Zerspanungsmechanikerin.

Weitere Informationen finden Sie auch auf den Webseiten der Girl’s Day und Boy’s Day Initiativen.

Was sind strukturelle Barrieren bei der Berufswahl?

Frauen und Männer wählen ihre Berufe nach unterschiedlichen Kriterien aus. Dabei spielen nicht nur Rollenstereotype weiterhin eine große Rolle (siehe Nr. 17), sondern auch Faktoren wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Frauen neigen dazu, ihre Berufswahl auch an den Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit auszurichten. Männer hingegen setzen, neben ihren thematischen Interessen, mehr auf Gehalt und Zusatzleistungen als auf Vereinbarkeit bei der Berufswahl.

Darüber hinaus sind oft Frauen durch fehlende oder unzureichende Betreuungsangebote in ihrer Mobilität im Beruf eingeschränkt. Das bedeutet, dass vor allem Frauen durch das Fehlen von Betreuungsangeboten weitere Anfahrtswege oder auch längere Arbeitszeiten für einen Job nicht annehmen, wodurch die Auswahlmöglichkeiten begrenzt sind.

Gibt es einen Gender Pay Gap beim Berufseinstieg?

Ja. Auch wenn beim Verweis auf den Gender Pay Gap auf die Durchschnittsbruttostundenlöhne aller Arbeitnehmenden verwiesen wird, kann auch direkt nach dem Berufseinstieg ein Gehaltsunterschied zwischen jungen Frauen und Männern festgestellt werden. So hat eine Studie gezeigt, dass der Gender Pay Gap direkt nach Berufseinstieg bis zu 8 Prozent betragen kann.[2] Dieser Unterschied liegt nach drei Berufsjahren bei 18,7 Prozent und wächst mit mehr Berufsjahren weiter an.

Ursachen für den Lohnunterschied sind neben der unterschiedlichen Berufswahl von Frauen und Männern[3] auch unterschiedliche Verhandlungsstrategien.[4]

Wie hoch liegt der Frauenanteil in MINT-Berufen?

MINT-Berufe bilden die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ab. Der Frauenanteil in diesen Berufen lag im Jahr 2013 insgesamt bei 14 Prozent.[5] Die Zahl der Studienanfängerinnen in MINT-Fächern ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen und inzwischen wählen ca. 25 Prozent der Studienanfängerinnen ein MINT-Studienfach.[6] Bei den betrieblichen Ausbildungen liegt der Frauenanteil weit geringer bei ca. 12 Prozent.[7]

Hat die Ausbildungsfinanzierung Einfluss auf den Gender Pay Gap?

Ja. In der betrieblichen Ausbildung werden die Auszubildenden in den Betrieb eingegliedert und erhalten ein Auszubildendengehalt. In der schulischen Ausbildung erfolgt die Ausbildung nicht in Betrieben, sondern rein in (spezialisierten) Schulen. Oft wird hier ein Schulgeld fällig. Die betriebliche Ausbildung ist häufig in männertypischen Berufen, die schulische Ausbildung vorwiegend in frauentypischen Berufen zu finden. Die Summe des bezahlten Schulgelds bei gleichzeitig fehlendem Gehalt in der Ausbildung kann oft im Beruf gegenüber der betrieblichen Ausbildung nicht mehr aufgeholt werden. Darüber hinaus können sich Auszubildende in der betrieblichen Ausbildung z.T. schon ein eigenes Standbein aufbauen, Auszubildende in der schulischen Ausbildung müssen oft auf die Unterstützung durch die Familie zählen. Kommt dann noch hinzu, dass die schulische Ausbildung in Branchen zu finden ist, die per se eher geringe Löhne aufweisen, wie in Pflege- und Erzieherberufen, wird der Effekt der Ausbildungsfinanzierung auf die Lohnlücke weiter verstärkt.

Wie arbeiten Solo-Selbstständige?

Solo-Selbstständige sind Personen, die selbstständig tätig sind und dabei keine angestellten Mitarbeiter beschäftigen. Solo-Selbstständige gibt es in vielen Branchen, wie auch in frauentypischen Bereichen, z.B. bei Erziehern und Altenpflegern.

Warum ist Solo-Selbstständigkeit ein Problem?

Für Selbstständige gilt weder der Mindestlohn noch die gesetzliche Sozialversicherungspflicht. Demnach gibt es keine Lohnuntergrenze. Krankenversicherung und Altersvorsorge müssen privat übernommen werden, was zum Teil nur unzureichend gemacht wird. Somit sind Solo-Selbstständige und Selbstständige im Allgemeinen einem höheren Armutsrisiko, vor allem im Alter, ausgesetzt. Darüber hinaus ist Solo-Selbstständigkeit eher weiblich mit einem Frauenanteil von 37 Prozent. Im Vergleich dazu sind Selbstständige, die Mitarbeiter beschäftigen, lediglich zu ca. 24 Prozent weiblich. Insgesamt lassen sich starke Zuwächse in vielen Branchen in der Selbstständigkeit und vor allem bei Solo-Selbstständigen feststellen.[8]

Siehe auch:

WSI: Solo-Selbstständigkeit in Deutschland, 2016

WSI: Alterssicherung für Selbstständige, 2016

Warum ist die Lebensverlaufsperspektive von Bedeutung?

Die Lebensverlaufsperspektive ist eine Längsschnittperspektive und zeigt dabei langfristig die Auswirkungen von Entscheidungen. Diese Auswirkungen können oft nicht vorausgesehen werden und sind oft auch nicht beabsichtigt. Dennoch haben diese Entscheidungen Folgen für den weiteren Lebensverlauf.

Entscheidungen, wie etwa zu Berufswahl oder Familie, haben weitreichende Auswirkungen auf das Leben der einzelnen Personen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung oft nicht vorhersehbar sind.

Was ist öffentliche Daseinsvorsorge?

Als öffentliche Daseinsvorsorge wird die Grundversorgung der Allgemeinheit durch den Staat bzw. die Kommune bezeichnet. Dazu zählen neben Bildungs- und Kultureinrichtungen und Krankenhäusern auch die Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, Müllabfuhr, Bäder, Verkehrsinfrastruktur oder der öffentliche Nahverkehr. Diese Leistungen werden vorwiegend von kommunalwirtschaftlichen Betrieben durchgeführt.[9]

Für die diesjährige EPD Kampagne sind vor allem Bildungs- und Kultureinrichtungen sowie Kranken- und Pflegehäuser von Interesse. Diese Einrichtungen werden sich in den kommenden Jahren durch demographische Veränderungen stark wandeln müssen. Weiterhin sind hier frauentypische Berufe zu finden.

Als letzten Punkt sind diese Einrichtungen ein wichtiger Bestandteil der Stärkung der Vereinbarung von Familie und Beruf.

Damit haben staatliche bzw. kommunale Einrichtungen und deren Ausgestaltung direkte Auswirkungen auf die Organisation von Familienarbeit und der Beschäftigungsmöglichkeit von Frauen.

Wie wird die öffentliche Daseinsvorsorge finanziert?

Die Finanzierung der Daseinsvorsorge durch die Kommunen erfolgt als Teil des Haushaltsplans der Kommunen. Über die Verwendung der zur Verfügung stehenden Gelder können die Kommunen frei entscheiden.[10]

Dem kommunalen Haushalt stehen folgende Finanzierungsquellen zur Verfügung: Steuern, Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich, Gebühren und Beiträge, Erwerbseinkünfte sowie Kredite. Im Bereich der Steuern ist hervorzuheben, dass die Kommunen die Sätze der Gewerbe- und Grundsteuern z.T. selbst bestimmen können und so direkten Einfluss auf ihren Haushalt nehmen können.[11]

Was ist der Unterschied zwischen formeller und informeller Care-Arbeit?

Informelle Care-Arbeit bezeichnet die Pflegearbeit, die von Familienangehörigen übernommen wird, wie z.B. die Betreuung von Älteren. Hingegen wird die professionelle Betreuung durch spezialisierte Einrichtungen als formelle Care-Arbeit bezeichnet, wie z.B. Altenpflegeeinrichtungen oder Kindergärten.

Gerade die informelle Care-Arbeit, sowohl die Kinder- als auch die Altenbetreuung, wird häufig von Frauen übernommen. Im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist die Frage nach der informellen Care-Arbeit von großer Bedeutung.

Warum kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Standortfaktor dienen?

Die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt liegt in Deutschland mit ca. 72 Prozent vergleichsweise hoch im europäischen Vergleich. Rechnet man diese Beteiligungsrate jedoch in Vollzeitäquivalente um, liegt der Anteil nur noch bei ca. 55 Prozent. Das zeigt, dass Frauen oftmals nur in Teilzeit arbeiten.

Eines der fünf Kernziele der Europa 2020-Strategie ist, den Beschäftigungsanteil der 20- bis 64-Jährigen auf 75 Prozent zu steigern. Um dieses Ziel zu erreichen, kann vor allem die Beschäftigung von Frauen gesteigert werden.[12] Um Frauen den Schritt in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, müssen vor allem eine funktionierende Infrastruktur aus Kinder- und Altenbetreuungsangeboten sowie flexible Modelle von Unternehmen zu Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorhanden sein.

Auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel kann die Förderung von Frauen im Arbeitsmarkt sowie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Engpässen auf dem Arbeitsmarkt entgegentreten.[13]

Demnach ist die Förderung von Vereinbarkeit nicht nur ein Ziel für Familien, sondern auch für Unternehmen, die durch verbesserte Bedingungen der Vereinbarkeit, Arbeitskräfte langfristig sichern können.[14]

Warum brauchen wir Transparenz im Zusammenhang mit Equal Pay?

Unter transparenten Vergütungsstrukturen verstehen wir klare Regelungen für die Arbeitsbewertung im Unternehmen: Merkmale wie z. B. Ausbildung, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Beschäftigungsumfang, Stellung im Beruf, Führungsverantwortung etc. bestimmen die Vergütung. Für die Prüfung, in welchem Umfang das Geschlecht (unzulässigerweise) eine Rolle spielt, ist es wichtig, alle zur Bewertung herangezogenen Merkmale zu kennen. Transparente Vergütungsstrukturen sind eine zentrale Voraussetzung, um die Lohnlücke von aktuell fast 22 Prozent zwischen den Geschlechtern zu schließen.

- Transparenz ermöglicht Frauen und Männern eine sachgerechte Einordnung im Gehaltsgefüge eines Unternehmens.

- Nur wenn Frauen und Männer gleichermaßen wissen, was innerhalb ihres Unternehmens oder ihrer Branche in vergleichbarer Position verdient wird, können sie die eigenen Gehaltsforderungen überzeugend vertreten und ihren Rechtsanspruch auf eine gerechte Bezahlung gegebenenfalls (als letztes Mittel) gerichtlich durchsetzen.

- Eine transparente Unternehmenskultur fördert Zufriedenheit und Motivation der Arbeitnehmenden: Dazu leisten auch transparente Vergütungsstrukturen einen wichtigen Beitrag.

- Transparenz unterstützt die Arbeit von Betriebs- und Personalvertretungen.

Was sind „Vergütungsstrukturen“ in Unternehmen?

Die Vergütungsstruktur eines Unternehmens ist ein Instrument der Personalpolitik: eine Entscheidungshilfe für die Bestimmung der Gehaltshöhe der einzelnen Mitarbeitenden.

Was sind Tarifverträge?

Ein Tarifvertrag ist der schriftliche Vertrag[15] zwischen einem oder mehreren Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden einerseits und einer oder mehreren Gewerkschaften andererseits (Tarifvertragsparteien). Er regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen. Die Rechtsnormen des Tarifvertrages gelten unmittelbar zwischen den Tarifgebundenen und haben eine zwingende Wirkung. Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen dürfen von den Tarifnormen nicht zuungunsten des Beschäftigten abweichen (Unabdingbarkeit). Man unterscheidet u.a. folgende Tarifvertragsarten:

- Vergütungstarifverträge regeln die Höhe der tariflichen Grundvergütung in Form von Lohn-, Gehalts- bzw. Entgelttabellen (Tabellenvergütung)

- Rahmentarifverträge (auch Lohn- und Gehaltsrahmentarifverträge genannt) legen die Lohn- bzw. Gehaltsgruppen fest, definieren die Gruppenmerkmale und treffen die Regelungen zur Leistungsentlohnung.

- Manteltarifverträge enthalten Bestimmungen über sonstige Arbeitsbedingungen, wie z.B. Einstellungs- und Kündigungsbestimmungen, Arbeitszeit, Urlaub, Zuschläge für Mehr-, Nacht- und Schichtarbeit, Arbeitsbedingungen etc.

Was bedeutet Arbeitsbewertung?

Der Wert der Arbeitsleistung bestimmt den Lohn. In der Regel ist es der Arbeitsplatz, der bewertet wird, nicht die Person, die ihn besetzt. Entscheidend ist dann z.B. nicht, welche Qualifikation eine Sekretärin mitbringt, sondern welche Qualifikation für die Tätigkeit gebraucht wird. Ohne Arbeitsbewertung kann der Wert von unterschiedlichen Tätigkeiten nicht festgestellt und verglichen werden. Art 157 des EG Vertrag besagt: „Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher“. Der Gender Pay Gap zeigt, dass noch kein Mitgliedsstaat diesen Grundsatz restlos umgesetzt hat. Es ist keine leichte Aufgabe, objektive Kriterien für „Gleichwertigkeit“ zu entwickeln und in der Betriebspraxis umzusetzen. Auch eröffnet jede Bewertung subjektive Wertungsspielräume – die genutzt werden. Für eine diskriminierungsfreie Arbeitsbewertung gibt es EU-rechtliche Vorgaben:

- Die Ergebnisse der Arbeitsbewertung müssen überprüfbar und nachvollziehbar sein. Transparenz ist geboten.

- Die Arbeit muss „ihrem Wesen nach“ bewertet und entgolten werden, d. h., es muss die Art der zu verrichtenden Tätigkeit objektiv berücksichtigt werden.

- Tätigkeiten von Frauen und Männern müssen nach denselben Kriterien bewertet werden.

- Die einzelnen Bewertungskriterien müssen diskriminierungsfrei ausgelegt, angewandt und gewichtet sein.

- Das Gesamtsystem der Bewertung darf nicht diskriminieren.

Wieso sprechen die Deutschen so ungern über das eigene Gehalt?

Über das eigene Gehalt sprechen ist vielen peinlich: Wer über dem Durchschnitt liegt, fürchtet den Neid der anderen. Wer weniger verdient, schämt sich. Und: Keiner will der erste sein, der sich outet. Einfacher wäre es, wenn sich vor der Gehaltstransparenz alle auf eine kollektive Offenheit einigen würden.

Wo liegt der Vorteil von Equal Pay auf Unternehmensseite?

Equal Pay ist gut für:

- das Image: etwa, wenn man qualifizierte Mitarbeiter anwerben will,

- die Unternehmenskultur: Sie kann unter Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mehr Vertrauen, Kooperation und gemeinsame Wertschätzung stiften. Sie räumt Geheimniskrämerei und das demotivierende Thema der Gehaltsdiskrepanzen vom Tisch. Das erlaubt jeder Organisation, Ziele besser verwirklichen zu können. Zudem strengen sich alle mehr an, wenn Gehälter tatsächlich Leistung und nicht Geschlecht oder Verhandlungsgeschick reflektieren,

- die Durchmischung von Teams: gemischte Teams mit Frauen und Männern haben eine bessere Arbeitskultur und können im Durchschnitt mehr leisten als Teams, die einseitig besetzt sind.

Welchen Effekt hat die Schließung der Lohnlücke auf die Wirtschaft?

Eine Studie[16] im Auftrag des Europäischen Parlaments hat ergeben, dass die Wirtschaftsleistung in Europa gemessen am BIP um 0,1 Prozent steigt, wenn die Lohnlücke um 1 Prozent geschlossen wird. Auf Europa bezogen kann die vollständige Schließung der durchschnittlichen Lohnlücke von 16,4 Prozent ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent generieren.

Angenommen für Deutschland können ähnliche Effekt gemessen werden, dann hätte die vollständige Schließung der Lohnlücke ein höheres Wachstum des BIP von 2,2 Prozent zur Folge.

Welchen Effekt hat die Einführung des Mindestlohns auf die Lohnlücke?

Studienergebnisse einer Simulationsstudie des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) zeigen, dass vor allem Frauen in den unteren Einkommenssegmenten von der Einführung des Mindestlohns profitieren, da Frauen überdurchschnittlich am unteren Einkommensende vertreten sind. Insgesamt kann der Einführung des Mindestlohns eine Verringerung der Lohnlücke von 2,5 Prozent zugeschrieben werden.[17]

Der exakte Effekt kann jedoch aufgrund von bisher mangelnder Datenbasis noch nicht bestätigt werden. Genaue Ergebnisse werden Anfang 2016 zu erwarten sein.

Quellen

  1. Daten und Fakten rund um den Girls'Day
  2. Hochschule Pforzheim: Schlecht gepokert?
  3. Lohnspiegel: Gender Pay Gap beim Berufseinstieg
  4. Hochschule Pforzheim: Schlecht gepokert?
  5. BA: Frauen in MINT Berufen
  6. Komm mach MINT
  7. DGB: Frauen in MINT Berufen
  8. DIW: Solo-Selbstständige
  9. Kommunalwiki: Dasensvorsorgen
  10. FES: Der kommunale Haushalt
  11. FES: Kommunale Finanzen
  12. Europa 2020 Strategie: Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen
  13. IW Köln, 2015
  14. BMWi: Frauen in der Wirtschaft
  15. Hans-Böckler-Stiftung: Tarifglossar
  16. Europäischer Mehrwert, 2013
  17. HWWI, 2015

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